Fregatte KÖLN beim RAS-Anlauf (Replenishment at Sea) im Januar 2008

Fregatte KÖLN beim RAS-Anlauf (Replenishment at Sea) im Januar 2008 (Foto: PIZ Marine)

Die Verwertung der Fregatten Klasse 122

Das Ende einer Ära hat begonnen – Auf der Fregatte BREMEN hieß es am 28. März 2014 „Hol‘ nieder Flagge und Wimpel!“ Gegen 11.00 Uhr war die Außerdienststellung des Typschiffs der Fregatten Klasse 122 vollzogen. Seitdem liegt sie im Bauhafen des Marinearsenals Wilhelmshaven und dient als Ersatzteilträger für die Schwesterschiffe, die mit ihren Besatzungen weiterhin ihre Einsatzaufgaben erfüllen.

Die Fregatte BREMEN ist an ihrem Liegeplatz im Marinearsenal in bester Gesellschaft. Zwei Jahre zuvor war dort mit Wirkung zum 31. März 2012 die Fregatte KÖLN außer Dienst gestellt worden, gefolgt von der Fregatte RHEINLAND-PFALZ am 22. März 2013 und der Fregatte EMDEN am 29. November 2013. Bis dahin war es ein langer Weg. Als erste von acht Fregatten der BREMEN-Klasse wurde das Schiff, das den Namen der Klasse und die Hull-Number „F 207“ trägt, von der Bremer Vulkan Werft und Maschinenfabrik GmbH abgenommen und am 7. Mai 1982 in den Dienst der Marine gestellt . Für die 203-köpfige Besatzung wurde damit ein neues Zeitalter eingeläutet – repräsentierte dieser Schiffstyp doch ein neues „Systemschiff“, auf dem erstmalig zwei Bordhubschrauber vom Typ Sea Lynx Mk 88 einschließlich ihrer Besatzungen und der Bordwartungsgruppe an Bord eingeschifft und logistisch versorgt werden konnten. Für ihre Hauptaufgabe, die U-Boot-Jagd, war die Fregatte Klasse 122 damit bestens gerüstet.

In der Antriebstechnik kam eine neue – heute noch zeitgemäße – CODOG-Anlage zum Einsatz (Combined Diesel or Gas Turbine), bei der eine ausgeklügelte Automationsanlage das Zusammenwirken von zwei Dieselmotoren oder zwei Gasturbinen mit den Getrieben und den Verstellpropelleranlagen der beiden Wellen regelt. Durch diese kann über eines von zwei vorwählbaren elektronischen Fahrprogrammen „auf Knopfdruck“ eine Leistung von 38.000 kW in Schub umgesetzt werden. Wenn der Wachoffizier auf der Brücke seine beiden Fahrhebel „auf die Back legt“, erreicht das 3.981 Tonnen schwere Schiff eine Höchstgeschwindigkeit von 30 Knoten. Immerhin rauschen dann auch rund 10.000 Liter Dieselkraftstoff pro Stunde durch die Durchflussmesser in die beiden Gasturbinen. Von Nichts kommt nichts.

Die Bewaffnung, bestehend aus einem 76-mm-Geschütz OTO MELARA, Nato Sea Sparrow Missile (NSSM) und HARPOON Flugkörpern sowie Torpedos und Täuschkörperwurfanlagen, wurde während der 33-jährigen Nutzungsdauer mehrfach den geänderten Anforderungen angepasst und um RAM-Starter (Rolling Airframe Missile), ein 27-mm-Marineleichtgeschütz sowie ein schweres Maschinengewehr einschließlich Beschussschutz und Waffenschilde ergänzt. Die Fähigkeit der Plattform, diese aus schiffbaulicher Sicht nicht unbedeutenden Nachrüstungen hinsichtlich der Festigkeit und Querstabilität zu verkraften, verdeutlicht die Qualität des Schiffsentwurfs.

Bis zum 28. März 2014 legte die Fregatte BREMEN 816.473,7 Seemeilen (1.512.109,29 km) zurück. Diese Wegstrecke entspricht fast dem Vierfachen der mittleren Entfernung Erde-Mond.

Nach der Außerdienststellung Ersatzteilträger

Nach rund 30 Jahren F122 hat die Marine damit begonnen, „die See zu räumen“ für die neuen Fregatten der BADEN-WÜRTTEMBERG-Klasse (F125) und die Außerdienststellung der BREMEN-Klasse verfügt. Zu diesem Zeitpunkt haben alle Schiffe der Klasse 122 ihre konstruktive Auslegung bereits überschritten. Hinsichtlich der Festigkeit ist unter anderem das Lastkollektiv der zyklischen Belastung im Seegang maßgeblich. Der rechnerischen Lastwechselzahl lag eine Einsatzdauer von durchschnittlich 90 Seetagen pro Jahr bei einer Nutzungsdauer von 25 Jahren zugrunde. In der Realität wurden durchschnittlich 108 Seetage pro Jahr bei einer Nutzungsdauer von bis zu 33 Jahren erreicht, wenngleich nicht ohne zwischenzeitliche Reparaturen am Schiffskörper.

Für alle Bordanlagen und Systeme, die keinem regelmäßigen Generationswechsel unterzogen worden waren (darunter die gesamte Plattformautomation), gestaltete sich die Ersatzteilversorgung zunehmend schwieriger. So war die Entscheidung folgerichtig, die außer Dienst gestellten Einheiten zunächst als Ersatzteilträger zu verwenden, bevor sie ausgesondert und der Verwertung zugeführt werden. Es gehört jetzt zu den Aufgaben der Abteilung See des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw), die Ersatzteilgewinnung und die Aussonderung durchzuführen.

Zurzeit liegen als Ersatzteilträger die vier Fregatten KÖLN, RHEINLAND-PFALZ, EMDEN und BREMEN im Marinearsenal Wilhelmshaven. Auf der Grundlage der 2012 getroffenen Planungsvorgabe des Inspekteurs der Marine kommt am 30. Juni 2015 noch die Fregatte NIEDERSACHSEN hinzu. Damit verfügt das BAAINBw dann über insgesamt fünf Fregatten, die alle für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren nach ihrer Außerdienststellung als Ersatzteilträger zur Verfügung stehen sollen. Anschließend werden die Schiffe ausgesondert und der Verwertung zugeführt. In der praktischen Umsetzung dieser Aufgaben sind dabei mehrere Herausforderungen zu bewältigen.

Fregatten KÖLN, RHEINLAND-PFALZ und EMDEN als Auflieger (von links nach rechts)

Fregatten KÖLN, RHEINLAND-PFALZ und EMDEN als Auflieger (von links nach rechts) (Bild: Marinearsenal)

Die Vorbereitungen für die personelle und logistische Abwicklung beginnen für jede Einheit bereits sechs Monate vor dem geplanten Außerdienststellungstermin mit der Herausnahme aus der Fahrbereitschaft. Ab diesem Zeitpunkt wird der Besatzungsumfang bis auf ein Nachkommando reduziert. Die materielle Abwicklung beginnt mit der Abgabe des „losen“ STAN1-Materials. Die damit verbundene Entlastung des Bordkommandos ist Voraussetzung für die Außerdienststellung. Direkt im Anschluss an die Außerdienststellung übernimmt derzeit das Marinearsenal die Sicherung und Bewachung des Schiffes. In den folgenden zwei Jahren werden kontinuierlich alle benötigten Teile gemäß der vorangegangenen Bedarfsermittlung, vom RAM-Starter über Feuerlöschpumpen und elektronische Baugruppen bis hin zur Positionslaterne, ausgebaut und nach Befundung bzw. Instandsetzung in die logistische Kette zurückgeführt. Während dieser Zeit müssen die Schiffe beleuchtet, belüftet und begehbar gehalten werden. Der Eindruck, den die verlassenen Betriebsräume und leergeräumten Schaltschränke vermitteln, ist für die Kameradinnen und Kameraden, für die das Schiff bis vor kurzem noch ein Stück Heimat war, mindestens bedrückend. Der Umstand, dass die meisten der ausgebauten Teile anderweitig nicht mehr beschaffbar sind, rechtfertigt jedoch diesen Aufwand. Zahlreiche Artikel werden auch auf den Fregatten der BRANDENBURG-Klasse (F123), einige auf der SACHSEN-Klasse (F124) und den Einsatzgruppenversorgern Klasse 702 sowie den Minenjagdbooten weiterverwendet.

Eine der erwähnten Herausforderungen besteht darin, den zeitlichen Aufwand bei der Ersatzteilgewinnung zu begrenzen. Der Grund hierfür liegt in der endlichen Wasserfläche und Kaimauerlänge des Marinearsenals Wilhelmshaven. Die außer Dienst gestellten Fregatten der Klasse 122 sind nicht die einzigen Auflieger, die hier auf ihre Verwertung vorbereitet werden. Zusammen mit dem Betriebsstofftransporter Klasse 760 WESTERWALD, dem Taucherschulboot Klasse 754 LANGEOOG, U-Booten der Klasse 206A und weiteren Booten beanspruchen sie wertvollen Platz, der für die Ausrüstung und Instandsetzung der fahrenden Flotte fehlt. Es ist daher notwendig, den Weg der ausgebauten Artikel nachzuvollziehen und die Ersatzteilgewinnung eher bedarfsorientiert auszurichten, anstatt volumengesteuert auszubauen. Der Zeitpunkt, an dem es mehr Spender als Empfänger gibt, kann nicht als einziges Kriterium für eine Optimierung des Ersatzteilumfangs herangezogen werden, denn die ausgebauten Teile sind keineswegs neuwertig und defekte Teile oftmals nicht reparabel. Weitere Kriterien sind die verbleibende Restnutzungsdauer von drei bis fünf Jahren der Fregatten 122 KARLSRUHE, LÜBECK und AUGSBURG sowie der Grad der Querschnittlichkeit der Artikel.

Aussonderung

Nach der Ersatzteilgewinnung erfolgt die Aussonderung. Mit diesem Verwaltungsakt und der Abgabe an die Verwertungsorganisation VEBEG GmbH endet die Materialverantwortung der Projektabteilung See. Das BAAINBw trennt sich endgültig von den Schiffen der Klasse 122.

Die Aussonderung muss vorbereitet werden. Aus rechtlicher Sicht handelt es sich bei dem auszusondernden Schiff um Abfall. Grundlage hierfür ist die Verordnung EG Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen. In der Präambel 35 ist dazu festgehalten, dass die sichere und umweltgerechte Abwrackung von Schiffen sichergestellt werden muss, um die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu schützen, und dass ein Schiff nach Artikel 2 des Baseler Übereinkommens als Abfall eingestuft und gleichzeitig gemäß anderen internationalen Rechtsvorschriften als Schiff definiert sein kann. Damit verbunden ist eine allgemeine Informationspflicht nach Artikel 18 für „sonstige metallhaltige Abfälle“, wozu „Schiffe und andere schwimmende Vorrichtungen, zum Abwracken, ohne Ladung und andere aus dem Betreiben des Schiffes herrührende Stoffe, die als gefährlicher Stoff oder Abfall eingestuft sein könnten“, gehören. Dementsprechend ist ausgesondertes Material gemäß den Aussonderungs- und Verwertungsbestimmungen (AVB) Kapitel 3 vor der Verwertung im Sinne der Zentralen Dienstvorschrift 30/41 bzw. vor der Entsorgung „auf das Vorhandensein von gefährlichen/verbotenen Stoffen, radioaktiven Stoffen, Einrichtungen, die ionisierende Strahlen oder Laserstrahlen aussenden sowie auf sonstige für die Verwertung/Entsorgung bedeutsame Tatbestände (u. a. Tatbestände i. R. „Ship-Recycling“) zu prüfen. Der Überprüfung folgt die Notifizierung und Deklaration von Art, Eigenschaften, Ort und Menge der vorhandenen Schadstoffe. (Die Liste der weiteren mitgeltenden Rechtsvorschriften und die Schadstoffbeschreibungen würden den Rahmen dieses Artikels sprengen.) Die Abgabe der Schiffe an die VEBEG GmbH erfordert außerdem, dass sämtliches US-amerikanisches Gerät ausgebaut und das Schiff mindestens teildemilitarisiert ist, d. h. alle noch an Bord vorhandenen militärischen Anlagen und Geräte zerstört oder unbrauchbar gemacht worden sind.

Endstation Verwertung

Nach Abgabe an die VEBEG GmbH wird jedes so „vorbehandelte“ Schiff an einen interessierten Abnehmer veräußert und in dessen Schlepptau seine letzte Reise antreten. Mit der Zerlegung des Rumpfes wird die Demilitarisierung vollendet. Der Prozess der Aussonderung und Verwertung ist damit abgeschlossen, die Fregatten der BREMEN-Klasse sind Geschichte. Diese Situation wird Ende 2019 nach der Aussonderung der am längsten in der Nutzung verbleibenden F122, der Fregatte AUGSBURG, eintreten. Die Außerdienststellung der Fregatte LÜBECK ist Mitte 2018 geplant, die der Fregatte KARLSRUHE Mitte 2017. Als Ersatzteilträger ist keine dieser drei letzten Fregatten 122 vorgesehen.

Die Fregatte KARLSRUHE soll unmittelbar nach ihrer Außerdienststellung an die Wehrtechnische Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen, Maritime Technologie und Forschung (WTD 71) in Eckernförde übergeben und für Ansprengversuche genutzt werden. Hierbei wird die Wirkung hoher Schockpegel gemessen und im Hinblick auf abgestufte Fähigkeitsprofile nach Unterwasserdetonationen bewertet. Der Fregatte KARLSRUHE wird somit die Ehre zu Teil, zur Erforschung und Entwicklung von realitätsnäheren Schockrechnungen, Schocksimulationen und somit zu besseren Konstruktionsgrundlagen für künftige Marineschiffe beizutragen.

Dem Schicksal der abschließenden Verwertung wird auch sie nicht entgehen, aber die Halbwertszeit von Erkenntnissen aus Ansprengversuchen ist groß. Von „der KARLSRUHE“ wird man deshalb noch in 20 Jahren sprechen.

Anmerkung:
Stärke- und Ausrüstungsnachweisung: Die STAN legt das Soll an Personal und Material für die Truppenteile und militärischen Dienststellen verbindlich fest.

Beitrag von: Christian Bastisch / Markus Christian Thieron

2 Kommentare

  1. Warum wird keine Fregatte Museumsschiff, wie Mölders ? Leider wurde auch keine der In Deutschland gebauten Vorgänger vor der Verschrottung verschont. Die Mölders war eine von vielen, der in den USA gebauten Zerstörer. Die in Deutschland gebauten Fregatten und Zerstörer wären meiner Meinung eher etwas für für ein Museum.
    Mit freundlichen Grüßen
    Joachim Tschackert
    Ehemaliger „Braunschweig und Bremen Fahrer“

    Antworten
    • Ich würde mich auch sehr über ein Museumsschiff der 122er Klasse direkt neben der Mölders freuen.
      Ehemaliger F211 Fregatte Köln und F216 Fregatte Schleswig-Holstein Fahrer
      MfG

      Antworten

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